Exkursion zum Passiv-Bad nach Lünen

Das „Lippe Bad“ in Lünen wurde 2011 errichtet. Das Bemerkenswerte dieses Bades: Es ist eines der ersten, das konsequent nach Standards der Passivbauweise geplant ist.

Nähert man sich dem Bad, fallen große schräge Fensterfronten in Anthrazit-Tönen auf, innen empfangen den Besucher ein geräumiges Foyer, in dem helle markante Grün-Töne vorherrschen.

Dr. Koch, der Prokurist der Stadtwerke Lünen, führte am 8.4.15 Gerold Mehrmann, Christoph Weitz (Vorstände des Fördervereins des Badeparks) sowie den ehemaligen 3. Beigeordneten der Gemeinde Haßloch, Franz-Josef Jochem, 3 Stunden lang durch die Anlage und erläutert die Konzeption des Bades.

Statt der Sanierung von 4 in die Jahre gekommenen Bädern entschieden sich die Verantwortlichen der 85.000 Einwohner-Stadt Lünen für den Neubau einer Anlage nach dem aktuellen Stand der Technik. Drei Prinzipien waren leitend: das Minimumprinzip, Prozessoptimierung und der Einsatz Erneuerbarer Energien. Minimumprinzip heißt: Konsequent den Familien, Schulen und Vereinen eine Schwimmsportstätte zu bieten mit 5 Becken: einem Schwimmerbecken mit zwei Sprungbrettern (1m und 3m Höhe), einem Becken mit Hub für Gymnastik und Behindertensport, einem Warm- und Erholungsbecken mit kleiner Rutsche, einem Kleinkinderbecken sowie einem Sportbecken mit Zeitmessung. Umgekehrt werden auf eine Cafeteria, einen Saunabereich, auf Heißwasser-außenbecken und große Rutschanlagen verzichtet. Die Planer dieses Bades weigerten sich konsequent, Wellnessbedürfnisse einer kleinen zahlungskräftigen Schicht der Bevölkerung zu befriedigen, da dies hohe Energiekosten mit sich bringt. Das Planungsteam eines Bades müsse konsequent übertriebenen Träumen der Politiker entgegentreten, die sich nicht rechneten. Allen könne man es nicht recht machen, so Koch.

Nur das Notwendige realisieren heißt im Detail beispielsweise, von Trennwänden und montierten Sitzen im Duschbereich abzusehen, was zudem die Reinigungskosten senke.

Betritt man den Innenbereich, fallen große schräge Fenster mit schönem Blick auf umliegende Grünanlagen, einer schmucken älteren Häuserzeile sowie einer ansehnlichen neogotischen Kirche auf. Diese sorgen aber auch dafür, dass die Badehallen – wegen Geräuschentwicklung voneinander getrennt – von Tageslicht erhellt sind, was elektrische Beleuchtung tagsüber erübrigt. Für dunkle Tageszeiten wurde diese durch Hinzuziehen einer Lichtdesignerin ansprechend gestaltet. Weiterhin empfindet der Besucher die Akkustik in den Hallen als ausgesprochen angenehm, die durch schräge Wände und eine schräge, hellbraune und hochwertige Holzdecke bewirkt wird.
Großer Wert wurde auf die Barrierefreiheit aller Bereiche der Anlage gelegt, sodass diese Behinderten leicht zugänglich sind.

Um die Energiekosten um 50% gegenüber herkömmlichen Bädern zu senken – wie der Betreiber wirbt-, wurde auf den Außenwänden 30cm dickes Dämmmaterial aufgebracht und im Innenbereich mit diffusionssperrendem Glasschaum gearbeitet. Bei der Auswahl der Materialien wurde der Bauträger von dem Passivhaus Institut (PHI) unter der Leitung von Prof. Dr. Wolfgang Feist durch Studien begleitet und durch die Deutsche Bundestiftung Umwelt (DBU) gefördert. Aus Haßlocher Sicht ist bemerkenswert, dass es in Lünen gelungen ist, durch die Offenheit der Planer für modernste Bautechnologien Fördergelder in der Höhe von 2 Mio € zu requirieren.

Noch ein weiterer Gesichtspunkt könnte für Haßlocher Attraktivierungsbemühungen des Badeparks bedeutend sein: die Einbindung des „Lippe Bades“ in ein Energiegesamtkonzept. In Lünen ist das Bad mit weiteren Blockheizkraftwerken und einer Biogasanlage vernetzt, die Abwärme des Blockheizkraftwerks sowie die Abluftwärme werden genutzt. Photovoltaikmodule u.a. auf Ständern im Außenbereich verdeutlichen das Bemühen, auf allen Ebenen des Badebetriebs Energieverbräuche so gut es geht zu senken und Erneuerbare Energien zu integrieren. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Jährlich werden 1 Mio kwh Energie verbraucht dank dieser engagierten Maßnahmen. Hätte man sich nach der damals bei der Planung gültigen Energieeinsparverordnung (Enev) gerichtet, lägen die Energiekosten bei 3,4 Mio kwh, also um den Faktor 3,4 höher!

Als letzter Aspekt soll die Chlorung des Wassers beleuchtet werden. Statt des verbreiteteren Einsatzes einer Chlorgas – Vollvakuumanlage, die wirtschaftlich wesentlich günstiger ist, hat man sich für das Verfahren der Inline-Elektrolyse entschieden, das von den Schwimmern als das angenehmere empfunden wird, unter Sicherheitsgesichtspunkten vorzuziehen ist, und der Bauträger in weiteren Bädern erfolgreich einsetzt.
Christoph Weitz zieht ein Fazit: „Wer heute in moderne Bau- und Wasseraufbereitungstechnologien sowie in die Akkustik bei der Sanierung investiert, sich auf das Wesentliche konzentriert und in architektonischer Hinsicht ein glückliche Hand hat, kann den SchwimmerInnen in Zukunft wirklich etwas bieten – und wird, wenn er sich geschickt anstellt, auch vom Staat gefördert. Unter diesen Aspekten sollten die Planungen für den Badepark vorangetrieben werden.“

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert